Wir alle wissen, an etwas Schuld zu haben, das fühlt sich gar nicht gut an.
Und doch ist es von zentraler Bedeutung, damit leben zu können, nicht immer im Recht zu sein.
Unser Reflex, uns immer ins rechte Licht zu rücken und immer „richtig“ sein zu wollen, erweist uns da keinen guten Dienst.
Mal ganz einfach runtergebrochen – wenn zwei Krieg führen, dann weil keiner von beiden es aushalten kann, im Unrecht zu sein.
Oder anders gesagt, nichts weniger als dein Seelenfrieden hängt davon ab, wie entspannt du damit umgehen kannst, schuld zu haben.
Ich übe mich manchmal darin, mich ohne Bewertung mit diesem Gedanken anzufreunden:
Ich habe Schuld.
In meinem Leben gibt es einige Menschen, die dir versichern könnten, dass ich an vielem Schuld habe.
So bin ich z. B. ganz sicher schuld am Scheitern nicht nur einer meiner vergangenen Beziehungen.
Und wenn du meinen Sohn fragst, würde er dir vermutlich sagen, ich bin schuld an seinen schlechten Noten. Ich hätte ihn ja zu mehr Disziplin erziehen können. Ich bin auch schuld daran, dass ich zu manchen Menschen keinen Kontakt mehr habe. Ich habe sie enttäuscht, da ich ihren Erwartungen nicht entsprochen habe.
Du merkst sicher, worauf ich hinaus will.
Es wird wohl kein Mensch durch dieses Erdenleben kommen, ohne das andere ihm die Schuld für irgendetwas geben.
Wir haben immer irgendwo Schuld im Leben.
Das lässt sich gar nicht vermeiden.
Dabei geht es mir nicht darum, ob die vorgeworfene Schuld berechtigt ist oder nicht.
Ich rede nur davon, das Gefühl wahrzunehmen und auszuhalten.
Was ist Schuld?
Aus einer höheren Perspektive betrachtet, gibt es keine Schuld. In Wahrheit sind wir frei davon: Du bist frei von Schuld!
In unserem täglichen Zusammenleben aber ist das Konzept der Schuld wohl gar nicht wegzudenken.
Schuld ist ein menschliches Konzept, das es uns ermöglicht, andere in Abhängigkeit zu halten.
Denn wenn wir anderen die Schuld geben, machen wir sie für unseren Schmerz verantwortlich.
Den Schmerz, sich verletzt zu fühlen, sich nicht geliebt zu fühlen, sich nicht genug zu fühlen – sich nicht ganz und heile zu fühlen.
Für das Ego ein ganz sinnvolles Konzept, denn oft erreichen wir ja damit genau das, was wir wollen, dass der andere sich wieder uns zuwendet, uns eben nicht verlässt oder verletzt.
Das Problem ist nur, das wir uns damit immer und immer wieder gegenseitig in diesem System gefangen halten.
Um hier auszusteigen, ist es sehr hilfreich, gedanklich im Kopf das Wort Schuld mit Verantwortung zu ersetzen.
Ich übernehme Verantwortung für mein So-Sein.
In dem Moment, in dem wir Verantwortung für uns selbst übernehmen und beginnen, unseren eigenen Weg zu gehen, werden sich vielleicht andere von uns vor den Kopf gestoßen fühlen.
Dafür aber lösen wir unsere Abhängigkeit von anderen und kommen in unsere eigene Verbundenheit mit uns selbst.
Dieser Weg in unsere eigenes Sein ist mit zahlreichen unschönen Gefühlen gepflastert: Schuld, Angst, Wut und Scham und viele Abstufungen davon.
Es ist wirklich manchmal kein leichter Weg. Aber es ist der Weg von der Illusion hin zur Wahrheit. Und damit früher oder später der einzige Weg.
Ich wünsche Dir eine schöne Zeit!